Sensorische und stoffliche Charakterisierung von klimabedingten Fehlnoten in Weißwein und Einfluss der Bekämpfungsstrategien gegen Sonnenbrandschäden auf die Weinsensorik

  • Der Klimawandel ist in vollem Gang und entwickelt sich als zu einer der größten Bedrohungen für die Menschheit. Auch die Landwirtschaft und mit ihr der Weinbau wird dabei vor große Herausforderungen gestellt. Zunehmende Strahlungsintensitäten, Temperaturen und Trockenheit beeinflussen die Zusammensetzung der Trauben und die sensorischen Eigenschaften der Weine. In den frühen 90er Jahren wurde die untypische Alterungsnote (UTA) durch Fehlaromen wie Naphthalin, Bohnerwachs, nasse Wolle, Fuselalkohole oder Akazienblüten charakterisiert. Obwohl 2-Aminoacetophenon (2-AAP) als Marker für die UTA postuliert wurde, ist es lediglich für den "Akazienblüten"-Duft, der in einigen Weinen auftritt, verantwortlich. Die molekulare Basis der anderen sensorischen Aspekte der stressbedingten Fehlaromen blieb jedoch bislang unbekannt. Um den Grundlagen der UTA zu hinterfragen, wurden in Abschnitt 6.1. und 6.2. akzeptierte und aufgrund von UTA abgelehnte Weine aus der Pfalz gesammelt und sowohl gaschromatographisch als auch sensorisch analysiert. Die Identifikation der Aromastoffe, die zur Differenzierung der Weine beitragen können, erfolgte durch eine gaschromatographische Analyse, die mit Massenspektrometrie gekoppelt war. Zusätzlich zur Aufnahme der Massenspektren und der Messung von Referenzsubstanzen wurde ein GC-Olfaktometrie-System eingesetzt, um die Geruchseindrücke der Aromastoffe zu bestimmen. Am Ende konnten sechs Aromastoffe identifiziert werden, die das durch den Klimawandel negativ beeinflusste Aroma in den Weinen rekonstruieren. Es wurde zum ersten Mal belegt, dass die untypische Alterungsnote, die für eine Beanstandung in der Qualitätsweinprüfung sorgt, nicht nur auf einen Aromastoff oder eine Stoffgruppe zurückzuführen ist. Vielmehr ist es ein Zusammenspiel sowohl aus der erhöhten Konzentration negativwirkender Aromastoffe wie höherer Alkohole und in manchen Fällen 2-AAP als auch dem Fehlen positiver Aromastoffe wie Ethylester. Im Zuge des Klimawandels treten immer häufiger Sonnenbrandschäden an Weißweintrauben auf, die sowohl zu sensorischen Veränderungen des Weinaromas als auch zu Ertragsverlusten führen können. Um die genauen Auswirkungen der Sonnenbrandstärke auf die Weinqualität zu ermitteln, wurde in Abschnitt 6.3. mit Hilfe eines mobilen Geräts Sonnenbrand im Weinberg erzeugt und das Aroma der resultierenden Weine bewertet. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass leichte Sonnenbrandschäden die Aromaeigenschaften von Weinen verbessern können, indem sie die Bildung von blumigen Terpenen fördern. Hingegen können stärkere Schäden in Form von Verbräunungen zu einer negativen Auswirkung auf das Aroma führen, da sie die Bildung von maskierenden höheren Alkoholen begünstigen. Zudem kann Sonnenbrand zu schweren Ertragseinbußen führen, wenn es zu Sonnenbrandnekrosen oder Botrytis cinerea-Infektionen durch die geschädigte Beerenhaut kommt. Der letzte Teil der Arbeit umfasste, die in den Abschnitten 6.4., 7.1. und 7.2. diskutierte sensorische und aromachemische Bewertung von möglichen Bekämpfungsstrategien von Sonnenbrand an Trauben im Weinbau und im Keller. Entblätterungsmaßnahmen mit und ohne Kombination mit der Applikation von reflektierenden Schutzpartikeln auf die Traubenzone und Beschattungsnetze zählten zu den weinbaulichen Bekämpfungsmaßnahmen, während im Wein die Anwendung von Schönungsmitteln wie PVPP und Erbsenproteinpräparaten untersucht wurde. Über drei Jahrgänge hinweg lässt sich die Tendenz feststellen, dass eine frühe Entblätterung in Kombination mit der Applikation von reflektierenden Partikeln, insbesondere Fruchtkalk, die am besten bewerteten sensorischen Eigenschaften in den Weinen hervorbringt. Eine frühe Entblätterung der Traubenzone kann zum richtigen Zeitpunkt für genug Sonneneinstrahlung sorgen, um die Bildung positiver Aromastoffe wie Terpene und Ester zu fördern. Außerdem ermöglicht sie eine optimale Anpassung der Rebe an die klimatischen Bedingungen und sorgt für eine verbesserte Luftzirkulation im Bereich der Trauben, um ihre Gesundheit zu gewährleisten. Bei Hitzewellen kann die durch die Entblätterung ungehinderte Sonneneinstrahlung jedoch zu Schäden auf der Traubenhaut führen, weshalb eine künstliche Schattierung oder die Anwendung von lichtreflektierenden Partikeln sinnvoll ist. Die Applikation der Partikel ist dabei leichter zu handhaben, flexibler und kostengünstiger als die Installation von teuren Beschattungsnetzen, die jedoch einen vergleichbaren Effekt erzielen. Somit wurde durch diese Arbeit nicht nur ein vielfältiger Handlungsrahmen für den Weinbau entwickelt, der geeignet ist, den Anforderungen des sich verschärfenden Klimawandels zu begegnen, sondern auch die molekulare Basis der sensorischen Aspekte der stressbedingten Fehlaromen aufgeklärt.
  • Climate change is in full swing and is emerging as one of the greatest threats to humanity. Agriculture, and with-it viticulture, is also facing major challenges. Increasing radiation intensities, temperatures and drought are influencing the composition grapes and the sensory characteristics of wines. In the early 1990s, the atypical ageing note (ATA) was characterized by off-flavours such as naphthalene, floor wax, wet wool, fusel alcohols or acacia blossom. Although 2-aminoacetophenone (2-AAP) has been postulated as a marker for ATA, it is only responsible for the "acacia blossom" scent that occurs in some wines. However, the molecular basis of the other sensory aspects of the stress-related off-flavors remained unknown. In order to question the basis of ATA, wines from the Palatinate region that were accepted and rejected on the basis of ATA were collected in sections 6.1. and 6.2. and analyzed both by gas chromatography and sensory analysis. The identification of aroma compounds that could contribute to the differentiation of the wines was carried out by gas chromatographic analysis coupled with mass spectrometry. In addition to recording the mass spectra and measuring reference substances, a GC olfactometry system was used to determine the odor impressions of the aroma compounds. In the end, six aroma compounds were identified that reconstruct the aroma in the wines that is negatively influenced by climate change. For the first time, it was proven that the atypical aging note, which causes a complaint in the quality wine test, is not only due to one aroma substance or one group of substances. Rather, it is a combination of both the increased concentration of negative aroma substances such as higher alcohols and in some cases 2-AAP and the absence of positive aroma substances such as ethyl esters. In the course of climate change, sunburn damage to white wine grapes is occurring more and more frequently, which can lead to both sensory changes in wine aroma and yield losses. To determine the exact effects of sunburn severity on wine quality, sunburn was induced in the vineyard using a mobile device in section 6.3. and the aroma of the resulting wines was evaluated. The results indicate that slight sunburn damage can improve the aroma characteristics of wines by promoting the formation of floral terpenes. On the other hand, more severe damage in the form of browning can lead to a negative effect on the aroma, as it favors the formation of masking higher alcohols. Sunburn can also lead to severe yield losses if sunburn necrosis or Botrytis cinerea infections occur through the damaged berry skin. The last part of the work comprised the sensory and aromachemical evaluation of possible control strategies for sunburn on grapes in viticulture and in the cellar, as discussed in sections 6.4, 7.1 and 7.2. Defoliation measures with and without a combination of the application of reflective protective particles to the grape zone and shading nets were among the viticultural control measures, while the use of fining agents such as PVPP and pea protein preparations was investigated in wine. Across three vintages, there was a tendency for early defoliation in combination with the application of reflective particles, particularly fruit lime, to produce the best-rated sensory characteristics in the wines. Early defoliation of the grape zone can provide enough sunlight at the right time to promote the formation of positive aroma compounds such as terpenes and esters. It also allows the vine to adapt optimally to the climatic conditions and improves air circulation around the grapes to ensure their health. During heat waves, however, the unhindered sunlight caused by defoliation can lead to damage to the grape skin, which is why artificial shading or the application of light-reflecting particles is advisable. The application of the particles is easier to handle, more flexible and more cost-effective than the installation of expensive shading nets, which nevertheless achieve a comparable effect. Thus, this work has not only developed a multifaceted framework for action for viticulture that is suitable for meeting the requirements of intensifying climate change, but has also elucidated the molecular basis of the sensory aspects of stress-related off-flavors, namely ATA.

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Metadaten
Author:Caterina SzmaniaORCiD
URN:urn:nbn:de:hbz:386-kluedo-82298
DOI:https://doi.org/10.26204/KLUEDO/8229
Advisor:Ulrich FischerORCiD
Document Type:Doctoral Thesis
Cumulative document:Yes
Language of publication:German
Date of Publication (online):2024/05/31
Year of first Publication:2024
Publishing Institution:Rheinland-Pfälzische Technische Universität Kaiserslautern-Landau
Granting Institution:Rheinland-Pfälzische Technische Universität Kaiserslautern-Landau
Acceptance Date of the Thesis:2024/05/03
Date of the Publication (Server):2024/06/04
Page Number:XV, 183
Faculties / Organisational entities:Kaiserslautern - Fachbereich Chemie
DDC-Cassification:5 Naturwissenschaften und Mathematik / 540 Chemie
Licence (German):Creative Commons 4.0 - Namensnennung, nicht kommerziell, keine Bearbeitung (CC BY-NC-ND 4.0)