Organisationskommunikation und ihre Bedeutung für die psychische Gesundheit von Arbeitnehmenden im Klein- und Mittelstand
- Ausgangspunkt für die Recherchen waren unlängst erschienene Medienbeiträge, die eine besorgniserregende Entwicklung unter Arbeitnehmenden und ein sensibles Thema in den Blick rückten: „Die Zahl der Arbeitnehmer, die vom täglichen Jobstress ernsthaft erkranken, ist sprunghaft gestiegen“ (Spiegel, 2023), titelte das Nachrichtenmagazin Der Spiegel im August 2023 und nahm dabei Bezug auf Zahlen einer großen deutschen Krankenkasse, nach denen das Fehlzeitenniveau des ersten Halbjahres 2023 bereits dem des gesamten Jahres 2022 entsprach (vgl. ebd.). Eine andere Auswertung der Daten von 2,4 Millionen Erwerbstätigen für das Gesamtjahr 2023 bestätigte dies; demnach war die Zahl der Krankschreibungen wegen psychischer Erkrankungen 2023 im Vergleich zu 2022 um mehr als ein Fünftel gestiegen (vgl. Deutsches Ärtzeblatt, 2024). Seit 2012 haben sich die Krankheitstage wegen psychischer Belastungen mehr als verdoppelt. Der volkswirtschaftliche Schaden liegt bei rund 17,2 Milliarden Euro (vgl. Tagesschau, 2023) - Tendenz steigend. Die unmittelbaren Gesundheitskosten psychischer Erkrankungen beliefen sich im Jahr 2020 sogar auf etwa 56,4 Milliarden Euro. - Tendenz steigend (vgl. DGPPN, 2024, S. 4). Dabei sind die Bemühungen augenscheinlich auf allen Ebenen vorhanden: Der Arbeits- und Gesundheitsschutz hat seinen Platz in der Gesetzgebung gefunden, zahlreiche Initiativen sowie Präventionsmaßnahmen von Bundesministerien, Krankenkassen und Gesundheitsorganisationen ( z. B. GDA oder INQA) greifen die Problematik auf und das Bewusstsein für die psychische Gesundheit ist bei Arbeitgebenden wie Arbeitnehmenden, z. B. durch die öffentliche Berichterstattung, geschärft. Nicht zuletzt versuchen Organisationen ihre Arbeitnehmenden mit einem betrieblichem Gesundheitsmanagement oder anderen Instrumenten gesund zu erhalten. Dennoch klafft offenbar, beim Blick auf die trockenen Zahlen, eine große Lücke zwischen Anspruch und Wirkung, Wunsch und Wirklichkeit, Soll und Ist. Die geschilderte Entwicklung stellt die Wirksamkeit konventioneller Ansätze zur Förderung des psychischen Wohlbefindens am Arbeitsplatz infrage und erfordert eine eingehendere Untersuchung der Gründe für diese Diskrepanz. Vor dem Hintergrund aktueller globaler, aber auch individueller Krisen sowie den Veränderungen in der Arbeitswelt ist ein genauerer Blick auf die Thematik von großer Bedeutung für Arbeitgebende wie Beschäftigte. Die demografische Entwicklung beschleunigt einen Fachkräftemangel, besonders im „Motor der deutschen Wirtschaft“ (vgl. KfW, 2024), dem Klein- und Mittelstand (KMU): Mehr als die Hälfte der Unternehmen rechnet in den kommenden Jahren mit Besetzungsproblemen. Viele erwarten, eingehende Aufträge abzulehnen oder die Produktion und Erreichbarkeit einschränken zu müssen (vgl. KfW, 2025). KMU sind jedoch ein zentraler Pfeiler der deutschen Wirtschaft: Sie schaffen Arbeitsplätze, fördern Nachwuchs, investieren in Wettbewerbsfähigkeit und treiben durch ihre Innovationskraft sowie regionale Verankerung die Modernisierung und Zukunftsfähigkeit voran (vgl. KfW, 2024). Das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft (IW) untermauerte kürzlich noch einmal, dass Personalknappheit zu mehr Arbeitsverdichtung und folglich zu gesundheitlichen Folgen für Beschäftigte in betroffenen Betrieben führe (vgl. Personalwirtschaft, 2024). Das unterstreicht überdies die Notwendigkeit einer gezielten und wirksamen Organisationskommunikation (OK), um attraktive Arbeitsbedingungen zu schaffen und damit auch die psychische Gesundheit der Mitarbeitenden zu fördern. Organisationen stehen demnach zusätzlich vor der Herausforderung, ihren Arbeitnehmenden eine glaubwürdige, stabile und sichere Umgebung bieten zu müssen, um die ökonomischen Folgeschäden für sich, aber auch für ihre Beschäftigten auf ein Minimum zu reduzieren. Der OK kommt an dieser Stelle eine Schlüsselrolle zu, für deren Begreifen eine multiperspektivische Beleuchtung und Untersuchung einiger zentraler Hypothesen erforderlich ist. Die Wissenschaft hat das Thema „Psychische Gesundheit am Arbeitsplatz“ in verschiedenen Kontexten und mit unterschiedlichen Perspektiven untersucht. Die Diskrepanz zwischen präventiven Maßnahmen und der steigenden Zahl psychisch erkrankter Arbeitnehmender ist ein wiederkehrendes Thema. Die Forschung zur internen Kommunikation hat sich intensiv mit der Frage beschäftigt, wie Kommunikation innerhalb von Organisationen strukturiert und optimiert werden kann. Dennoch bleibt unklar, wie genau sie zur Effektivität von Organisationen beiträgt. Grunig et al. resümieren dazu: “In spite of all of this research, however, we emerge from this section with little theoretical understanding of how internal communication makes organizations more effective.” (1992, S. 557 in: Welch et al., 2007, S. 178). Diese Unsicherheit gewinnt im Kontext psychischer Gesundheit am Arbeitsplatz besondere Relevanz. Bereits unter normalen Bedingungen ist es eine Herausforderung, interne Kommunikationsprozesse so zu gestalten, dass sie Transparenz, Partizipation und Vertrauen fördern. In Organisationen, in denen Mitarbeitende unter psychischen Belastungen leiden, wird dies noch schwieriger. Während die Forschung zur psychischen Gesundheit lange Zeit auf individuelle Bewältigungsstrategien fokussiert war, rückt zunehmend die Rolle organisationsbezogener Faktoren in den Vordergrund. Die Frage, wie Organisationen durch gezielte Kommunikationsstrategien ein gesundheitsförderndes Umfeld schaffen können, bleibt jedoch weitgehend unbeantwortet. Eine zentrale Herausforderung besteht darin, die Lücke zwischen theoretischen Präventionsansätzen und deren praktischer Umsetzung innerhalb von Organisationen zu schließen.
Author: | Viktoria Isabel Blohm |
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URN: | urn:nbn:de:hbz:386-kluedo-89961 |
Advisor: | Günter Engel |
Document Type: | Master's Thesis |
Language of publication: | German |
Date of Publication (online): | 2025/04/22 |
Year of first Publication: | 2025 |
Publishing Institution: | Rheinland-Pfälzische Technische Universität Kaiserslautern-Landau |
Granting Institution: | Rheinland-Pfälzische Technische Universität Kaiserslautern-Landau |
Date of the Publication (Server): | 2025/04/29 |
Tag: | Kleine und mittelständische Unternehmen (KMU); Organisationskommunikation; Psychische Gesundheit am Arbeitsplatz |
Page Number: | VI, 105 |
Faculties / Organisational entities: | Distance and Independent Studies Center (DISC) |
DDC-Cassification: | 1 Philosophie und Psychologie / 150 Psychologie |
3 Sozialwissenschaften / 300 Sozialwissenschaften, Soziologie, Anthropologie | |
3 Sozialwissenschaften / 380 Handel, Kommunikation, Verkehr | |
Collections: | Herausragende Masterarbeiten am DISC |
Licence (German): |