Potenziale der kulturellen Vielfalt - Bedeutung, Wirkungen und Handlungsrahmen zum Umgang mit kultureller Diversität in der Wirtschaftsförderung - Dargestellt am Landkreis Cham im bayerischen Grenzraum zur Tschechischen Republik

  • Während der bayerisch-böhmische Grenzraum früher mit dem Image der Rückständigkeit behaftet war, stellt seine Lage an zwei Märkten und zwei Kulturregionen heute eine gewisse Standortgunst dar. Die abnehmende Bedeutung der Staatsgrenze führt dazu, dass Unter-nehmen die neuen Optionen zur Gewinnung von Arbeitskräften, Geschäftspartnern und Kunden im Nachbarland nutzen und horizontale und vertikale Kooperationen im Nachbarland eingehen. Dies bietet die Chance, die grenzüberschreitenden Verflechtungen weiter-zu entwickeln. Voraussetzung hierfür ist allerdings der erfolgreiche Umgang mit der kulturellen Diversität des Raumes. Kulturelle Diversität in Grenzregionen wird durch die durchlässige Grenze verursacht, z. B. durch Aufenthalte im Nachbarland. In jeder Verflechtung treffen fremdkulturelle Partner aufeinander und nutzen ihre kulturelle Prägung weiter als Orientierungssystem. Ein hohes Interesse an Kultur ist grenzüberschreitenden Akteuren aus der Wirtschaft zuzuschreiben. Oft werden die Kooperationen zwischen Deutschland und Tschechien als ein Dilemma be-zeichnet. Obwohl die Rahmenbedingungen für grenzüberschreitende Kooperationen als gut und die Notwendigkeit der Zusammenarbeit als offensichtlich einzustufen sind, sind viele Kooperationen wenig erfolgreich. Ziel der bewussten Zusammenarbeit fremdkultureller Partner ist die Erzielung kultureller Synergien. Es gilt zum Einen die enormen Potenziale unterschiedlicher Denk- und Handlungsweisen in Europa ökonomisch zu nutzen. Zum Anderen muss kultursensibles Verhalten gelehrt werden, um Fehleinschätzungen und Konflikten vor-beugen zu können. Kultur ist universell und dient den Angehörigen einer Kultur als Orientierungssystem. Sie ist die Basis, unter der Menschen Wirtschaftsformen und -prozesse entwickeln. Bei einer Zusammenarbeit von Partnern aus beiden Teilen der Grenzregionen, die beide entsprechend ihrer kulturellen Prägung ein und dasselbe Umfeld unterschiedlich wahrnehmen, ist die Entstehung von Konflikten häufig. BERNREUTHER sieht kulturelle Nähe daher als eine Voraussetzung für ökonomische Verflechtungen an. Ausgangspunkt ist die Überlegung, dass ökonomisches Handeln nicht zwischen isolierten Akteuren, sondern in sozialen Systemen eingebettet ist. Für die Qualität der Beziehungen sind Vertrauen und der Wille zur Zusammenarbeit entscheidend. Durch die Zugehörigkeit der Akteure zu verschiedenen Kulturen bei grenzüberschreitenden Interaktionen vergrößert sich die soziokulturelle Heterogenität, wo-mit der Vertrauensaufbau schwieriger wird. Es können aber auch kulturelle Synergien ent-stehen und die regionale Innovationsfähigkeit gesteigert werden. So belegen empirische Studien, dass Regionen mit einer hohen Multikulturalität ein sehr hohes Innovationspotenzial besitzen. Der ostbayerische Grenzlandkreis Cham konnte sich in den 1990er Jahren von einer Problemregion zu einem prosperierenden Standort entwickeln. Es gibt bereits gute Erfahrungen mit grenzüberschreitenden Projekten und kulturellen Synergien. Der Landkreise wurde als qualitatives Fallbeispiel ausgewählt, um auf Grundlage von Experteninterviews zu analysieren, wie kulturelle Diversität auf die Handlungsfelder der Wirtschaftsförderung wirkt und kulturelle Synergien entstehen. Regionale Herausforderungen sind die Anlässe im Landkreis Cham, die die Zusammenarbeit mit der westböhmischen Nachbarregion befördern. So gibt es einen direkten Bezug zwischen den aktuellen Herausforderungen und der Erhöhung grenzüberschreitender Verflechtungen. Als Herausforderungen der wirtschaftlichen Entwicklung werden von den befragten Experten -demographischer Wandel/Fachkräftemangel -Erhöhung der regionalen Innovationsfähigkeit -Weiterentwicklung des Fremdenverkehrs (durch regionale Kooperationen) -Abgrenzung zu den Metropolregionen München und Nürnberg genannt. Die kulturelle Diversität wirkt sich über wirtschaftliche Verflechtungen aus. Grenzüberschreitende Verflechtungen und somit kulturelle Synergien mit der tschechischen Nachbarregion sind für die Wirtschaftsförderung von zunehmender Bedeutung. Das tschechische Improvisationsgeschick wird als Basis für die bayerisch-böhmische Synergieentwicklung und eine langfristige Zusammenarbeit angesehen. Auf Grund der kulturellen Gegebenheiten ist ein Vertrauensaufbau nur über gegenseitige persönliche Wertschätzung zu erlangen. Dieses Vertrauen ist grundsätzlich für die Entfaltung des tschechischen Improvisationsgeschicks notwendig. Vertrauen ist in diesem Kontext stark personalisiert und eng an die hohe Bedeutung der Netzwerkreputation verknüpft. Für die Kontaktaufnahme ist deshalb der Leumund einer Person über dem Akteur bekannte Dritte ein wichtiges Faktum. So haben in Tschechien informelle Netzwerke einen hohen Stellenwert. Sie sind die Basis, um in Kontakt zu treten und Kooperationen aufzubauen.

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Metadaten
Author:Melanie Hoffarth
URN:urn:nbn:de:hbz:386-kluedo-25653
Advisor:Gabi Troeger-Weiß
Document Type:Doctoral Thesis
Language of publication:German
Year of Completion:2010
Year of first Publication:2010
Publishing Institution:Technische Universität Kaiserslautern
Granting Institution:Technische Universität Kaiserslautern
Acceptance Date of the Thesis:2010/12/08
Date of the Publication (Server):2010/12/09
Tag:Diversity Management; Grenzraum; Oberpfalz; Wirtschaftsförderung; interkulturell
Faculties / Organisational entities:Kaiserslautern - Fachbereich ARUBI
DDC-Cassification:7 Künste und Unterhaltung, Architektur, Raumplanung / 710 Landschaftsgestaltung, Raumplanung
Licence (German):Standard gemäß KLUEDO-Leitlinien vor dem 27.05.2011