Herstellprozesssimulation zur Vorhersage der Faltenbildung in der Prepreg-Autoklav-Fertigung
- In der modernen Hubschrauberfertigung werden neben Rotorblättern auch tragende
Strukturteile aus kohlenstofffaserverstärkten Kunststoffen eingesetzt. Um dabei
einen möglichst hohen Leichtbaugrad zu erreichen, werden immer neue Design-
Konzepte entwickelt. Innovative Design-Lösungen sind aber nur dann in der Fertigung
umsetzbar, wenn sie effizient, kostengünstig und fehlerfrei gefertigt werden
können.
Ein wichtiger Baustein für die Produktion sind die Fertigungsvorrichtungen, auf
denen die Bauteile laminiert und ausgehärtet werden. Diese Vorrichtungen sind ein
maßgeblicher Faktor zum Erreichen der geforderten Bauteilqualität. Das Augenmerk
liegt hierbei auf der sogenannten tool-part-interaction, also der Interaktion zwischen
Fertigungsvorrichtung und Faserverbundmaterial. Diese hat einen großen Einfluss
auf das Aufheiz- und Verpressungsverhalten der Prepreg-Materialien und somit auch
direkt auf fertigungsinduzierte Schädigungen wie Faltenbildung und Verzug.
Aktuell kann der Vorrichtungsentwickler lediglich auf Erfahrungswerte zurückgreifen,
um ein gutes Aufheiz- und Verpressungsverhalten der Vorrichtung zu erreichen.
Zur Minimierung von Falten fehlt jedoch häufig sogar das nötige Hintergrundwissen
über die grundlegenden Mechanismen der Faltenbildung. Nur ein langwieriger
trial-and-error Prozess nach Produktion der Vorrichtung kann helfen, Faltenbildung
zu eliminieren oder zumindest zu reduzieren.
Zukünftig muss es ein primäres Ziel für den Vorrichtungsbau sein, Fertigungsmittel
gezielt auslegen und bereits im Rahmen der Konzeptentwicklung Aussagen
über die zu erwartende Bauteilgüte und das Fertigungsergebnis machen zu können.
Einen möglichen Weg stellt die Einführung einer Herstellprozesssimulation dar, da
sie bereits in einer frühen Entwicklungsphase das Aufheiz- und Verpressungsverhalten
eines Bauteils sowie den Einfluss der Fertigungsvorrichtung auf die Bauteilqualität
einschätzen kann. Fertigungsinduzierte Schädigungen, wie der prozessinduzierte
Verzug, lassen sich bereits mit Hilfe von kommerziell erhältlichen Software-Tools
vorhersagen. Um zukünftig auch die Faltenbildung bei der Prepreg-Autoklavfertigung
vorhersagbar zu machen, müssen zwei übergeordnete Fragestellungen bearbeitet
werden:Faltenbildung: Wie läuft die Faltenbildung in der Autoklavfertigung ab und
welche Mechanismen bzw. Einflussfaktoren müssen besonders beachtet werden?
Simulation: Wie muss eine Herstellprozesssimulation geartet sein, um den
Einfluss der Fertigungsvorrichtung auf die Faltenbildung vorhersagen zu können
und Vorrichtungen auf diese Weise zukünftig auslegbar zu machen?
Experimentelle Untersuchungen an Omega- und C-Profilen helfen, die Faltenbildung,
ihren primären Mechanismus und vor allem die verschiedenen Einflussfaktoren
zu verstehen und zu bewerten. Im Falle der vorliegenden Arbeit wurde besonders
die Kompaktierung des Laminates über einem Außenradius und die daraus entstehende
überschüssige Faser- bzw. Rovinglänge als primärer Faltenauslöser betrachtet.
Es konnte aus den Experimenten abgeleitet werden, dass besonders der
Verpressungsweg, die Bauteilgeometrie, das verwendete Faserhalbzeug (unidirektional
oder Gewebe), die tool-part-interaction und das interlaminare Reibverhalten für
den untersuchten Mechanismus von Bedeutung sind. Daraus lassen sich die Mindestanforderungen
an eine Herstellprozesssimulation zusammenstellen.
Eine umfassende Materialcharakterisierung inklusive der interlaminaren Reibung,
der Reibinteraktionen zwischen Bauteil und Fertigungsvorrichtung sowie des
Verpressungsverhaltens des Faserbettes sind der erste Schritt in der Entwicklung
einer industriell einsetzbaren Simulation.
Die Simulation selbst setzt sich aus einem thermo-chemischen und einem
Kompaktiermodul zusammen. Ersteres ermittelt das Aufheizverhalten der Vorrichtung
und des Bauteils im Autoklaven und stellt darüber hinaus Aushärtegrad und
Glasübergangstemperatur als Parameter für das zweite Simulationsmodul zur Verfügung.
Zur korrekten Bestimmung des Wärmeübergangs im Autoklaven wurde ein
semi-empirisches Verfahren entwickelt, das in der Lage ist, Strömungseffekte und
Beladungszustände des Autoklaven zu berücksichtigen. Das Kompaktiermodul umfasst
das Verpressungsverhalten des Faserbettes inklusive des Harzflusses, der toolpart-
interaction und der Relativverschiebung der Laminatlagen zueinander. Besonders
das Erfassen der Durchtränkung des Fasermaterials mittels eines phänomenologischen
Ansatzes und das Einbringen der Reibinteraktionen in die Simulation muss
als Neuerung im Vergleich zu bisherigen Simulationskonzepten gesehen werden. Auf
diese Weise ist die Simulation in der Lage, alle wichtigen Einflussfaktoren der Faltenbildung zu erfassen. Der aus der Simulation auslesbare Spannungszustand kann
Aufschluss über die Faltenbildung geben. Mit Hilfe eines im Rahmen dieser Arbeit
entwickelten (Spannungs-)Kriteriums lässt sich eine Aussage über das zu erwartende
Faltenrisiko treffen. Außerdem ermöglicht die Simulation eine genaue Identifikation
der Haupttreiber der Faltenbildung für das jeweilige Bauteil bzw. Fertigungskonzept.
Parameter- und Sensitivitätsstudien können dann den experimentellen Aufwand
zur Behebung der Faltenbildung deutlich reduzieren.
Die hier vorliegende Arbeit erweitert damit nicht nur das Wissen über die Faltenbildung
in der Prepreg-Autoklavfertigung und deren Einflussfaktoren, sondern gibt
dem Vorrichtungsentwickler auch eine Simulationsmethodik an die Hand, die ihn in
die Lage versetzt, Fertigungsvorrichtungen gezielt auszulegen und zu optimieren.
In addition to rotor blades, primary structural parts are also manufactured from
carbon fiber reinforced plastics in modern helicopter production. New design concepts
are constantly developed in order to reach a maximum degree of lightweight
design. However, innovative design solutions are only realizable, if they can be manufactured
efficiently, economically, and free from defects.
Molds for laminating and curing of composite parts are of particular importance.
They are a relevant factor for achieving the required part quality. The attention is directed
at the so-called tool-part-interaction, i.e. the interaction between tools and fiber
composite materials, which has a great influence on the heating and compaction
behavior of the prepreg materials and therefore also directly on manufacturing induced
damage such as wrinkling and warping.
At present, the tooling designer can only resort to his/her experience to achieve
a good heating and compaction behavior of the molds. However, the necessary background knowledge about the fundamental mechanisms of wrinkling is often lacking
and only a tedious trial-and-error process after the production of the mold can
help eliminate or at least reduce wrinkling.
In the future, the primary goal for tooling production must be to specifically design
the manufacturing equipment and to be able to already make a statement about
the expected part quality and production result during the conceptual stage. A possible
solution is the introduction of a manufacturing process simulation, because at an
early development stage it can estimate the heating and compaction behavior of a
part as well as the influence of the manufacturing equipment on part quality. Commercially
available software tools are already able to predict damage during production,
as e.g. process induced deformation. In order to make wrinkling predictable also,
two primary issues need to be dealt with: Wrinkling: How does wrinkling develop in autoclave manufacturing and which
mechanisms or influencing factors need to be particularly considered?
Simulation: What must be integrated into a manufacturing process simulation,
if it is to predict the influence of the mold on wrinkling and to ensure future
tooling improvement? Experimental examinations of omega and c-profiles help to understand and
evaluate wrinkling, its primary mechanism, and particularly the various influencing
factors. In the case of the present paper, the compaction of the laminate over a convex
radius and the resulting surplus roving length was especially examined as primary
cause for wrinkling. From the experiments could be deduced that the compaction,
the part geometry, the utilized semi-finished fabrics (unidirectional and woven), the
tool-part-interaction and the interlaminar friction are of importance for the examined
mechanism. These factors determine the minimum requirements for a manufacturing
process simulation.
A comprehensive material characterization including interlaminar friction, friction
interaction between part and tool as well as the compaction behavior of the fiber bed
are the first step toward the development of a simulation on an industrial scale. The
simulation consists of a thermochemical and a compaction module. The former determines
the heating behavior of the mold and the part in the autoclave and additionally
provides the degree of cure and the glass transition temperature as parameters
for the second simulation module. A semi-empirical method that is able to consider
flow effects and loading conditions of the autoclave was developed for the correct
determination of the heat transfer within the autoclave. The compaction module comprises
the compaction behavior of the fiber bed including resin flow, tool-partinteraction
and relative displacement of the layers. Especially the integration of the
saturation phase by means of a phenomenological approach and the inclusion of friction
interaction in the simulation must be seen as innovation in comparison to other
simulation concepts. The simulation is thus able to capture all the important influencing
factors of wrinkling. The state of stress that is retrieved from the simulation can
provide information about the formation of wrinkles. Furthermore, the simulation enables
an exact identification of the main drivers for the development of wrinkles in the
respective part or manufacturing concept. Parameters and sensitivity analyses can
then significantly reduce the experimental effort for the elimination of wrinkling.
The present study does therefore not only expand the knowledge about wrinkling
and its influencing factors in prepreg autoclave manufacturing, but also presents
the tooling designer with a simulation methodology that enables him/her to systematically
develop and optimize manufacturing equipment.