Thermische Zersetzung von Festharnstoff für mobile SCR-Katalysatoranwendungen

Thermal decomposition of solid urea for mobile SCR-application

  • Bei den "traditionellen" Reduktionsmittelaufbereitungssystemen, die die Abgaswärme zur Zersetzung des Harnstoffs ausnutzen, wird der Harnstoff entweder in Form einer wässrigen Lösung oder in Pulverform direkt vor dem SCR-Katalysator in das Abgassystem eingebracht. Der zudosierte Harnstoff wird im Abgas in zwei Reaktionsschritten (Thermolyse, Hydrolyse) thermisch zersetzt, wobei die Abgastemperatur einen entscheidenden Einfluss auf die Harnstoffzersetzungskinetik besitzt. Bei der Thermolyse entstehen aus dem Harnstoff die Produkte Ammoniak und Isocyansäure, wobei die Isocyansäure mit Wasser bei der Hydrolyse zu Ammoniak und Kohlendioxid reagiert. Wie Versuchsergebnisse demonstrieren, kann die Gesamtperformance von SCR-Katalysatorsystemen verbessert werden, wenn statt Harnstoff gasförmiges Ammoniak in das Abgassystem eingebracht wird, da so der komplette Harnstoffzersetzungsmechanismus entfällt. Dem in dieser Arbeit untersuchten Verfahren zur thermischen Trockenharnstoffzersetzung lag deshalb die Überlegung zu Grunde, den Harnstoffzersetzungsprozess vom Abgassystem zu entkoppeln und in einem externen elektrisch beheizten Reaktor zu realisieren. Ein solches System besitzt den entscheidenden Vorteil, dass die Zersetzungstemperatur und die Verweilzeit für die Reaktion so eingestellt werden können, dass unabhängig vom aktuellen Motorbetriebspunkt immer eine optimale Harnstoffzersetzung gewährleistet wird. Aus den Bruttoumsatzgleichungen für die beiden Reaktionen geht hervor, dass ohne eine Zufuhr von Wasser in den Reaktor nur die Thermolyse ablaufen kann, d.h. es entsteht ein Gemisch aus Ammoniak und Isocyansäure. Aus diesem Grund wird Wasser, das aus dem Verbrennungsprozess des Motors stammt, mit Hilfe eines Abgasteilstroms in den Reaktor eingeleitet. Eine Abschätzung zeigt, dass zu diesem Zweck ein Teilstrom in der Größenordnung von 1 % erforderlich ist. Da die Geschwindigkeit der Hydrolysereaktion in der Gasphase sehr gering ist, wurde der elektrisch beheizten Thermolysezone ein Hydrolysekatalysator nachgeschaltet. Die selektive Reaktion der Isocyansäure zu den Produktstoffen Ammoniak und Kohlendioxid ist für die Funktion des Harnstoffaufbereitungssystems von entscheidender Bedeutung, da ansonsten aus der sehr reaktiven Isocyansäure Polymerisationsprodukte gebildet werden, die zu festen Ablagerungen im System führen. Darüber hinaus hat sich im Rahmen des Entwicklungsprozesses gezeigt, dass die Thermolysezone so gestaltet sein muss, dass der Harnstoff in keinem Fall mit unbeheizten Flächen in Berührung kommen kann. Auf der Grundlage der Ergebnisse von thermogravimetrischen Versuchen wurde eine Heizflächentemperatur von 400 °C gewählt. Bei diesem System entstehen dann idealerweise ausschließlich die Produkte Ammoniak und Kohlendioxid, die mit Hilfe des Abgasteilstroms, der unter anderem auch als Trägergasstrom fungiert, in das Abgassystem eingeleitet werden. Von daher ist es mit einem System vergleichbar, bei dem gasförmiges Ammoniak dosiert wird. Der Harnstoff wird dem Reaktor in Form von Pellets in einem Größenspektrum von 1,8-2 mm zugeführt. Die Dosierung der Pellets erfolgt mit Hilfe eines Zellenraddosierers. Der Transport vom Dosierer zum Reaktor wird mittels Förderluft durch eine Leitung realisiert. Trockener Harnstoff bietet bezüglich der Masse und des Volumens Vorteile gegenüber der wässrigen Harnstofflösung. Darüber hinaus ist eine uneingeschränkte Wintertauglichkeit gewährleistet. Die Betriebsbereitschaft des Reaktors, die durch eine Heizflächentemperatur von 400 °C und eine Temperatur vor dem Hydrolysekatalysator oberhalb von 200 °C gekennzeichnet ist, wird nach 60-80 s erzielt. Im MVEG-Test liegt die mittlere gemessene Heizleistung im Bereich von 180 W. Anhand einer NOx-Umsatz- und NH3-Bilanz konnte gezeigt werden, dass der Harnstoff im Reaktor in die gewünschten Produkte NH3 und CO2 überführt wird. Mit dem Gesamtsystem werden sowohl bei kleinen als auch bei großen Dosiermengen gute Konvertierungsergebnisse erzielt. Unter optimalen Randbedingungen sind im Bereich der NH3-Schlupfgrenze NOx-Umsätze >95 % realisierbar. Insbesondere bei niedrigen Abgastemperaturen werden die Vorteile gegenüber der "klassischen" Flüssigdosierung deutlich. Die Betriebssicherheit des Gesamtsystems konnte durch einen 100 h-Dauertest nachgewiesen werden. Das Gesamtsystem wurde an einem Versuchsfahrzeug (Audi A8) appliziert. Im Rahmen des bisherigen Testprogramms konnte die Systemfunktion nachgewiesen werden. Der EURO IV Grenzwert wird erreicht. Zur Aktivitätssteigerung müssen vor allem die Abgastemperatur angehoben und der NO2-Verlauf im Zyklus optimiert werden. Zusätzlich muss die Dosierstrategie so optimiert werden, dass am Umsatz und Schlupfrisiko orientiert immer ein optimaler NH3-Füllstand im Katalysator vorliegt.

Download full text files

Export metadata

Additional Services

Search Google Scholar
Metadaten
Author:Andreas Herr
URN:urn:nbn:de:hbz:386-kluedo-18036
Advisor:Werner Müller
Document Type:Doctoral Thesis
Language of publication:German
Year of Completion:2004
Year of first Publication:2004
Publishing Institution:Technische Universität Kaiserslautern
Granting Institution:Technische Universität Kaiserslautern
Acceptance Date of the Thesis:2004/12/01
Date of the Publication (Server):2005/01/25
Tag:Thermische Harnstoffaufbereitung
GND Keyword:Harnstoff; SCR-Verfahren; Pyrolyse
Faculties / Organisational entities:Kaiserslautern - Fachbereich Maschinenbau und Verfahrenstechnik
DDC-Cassification:6 Technik, Medizin, angewandte Wissenschaften / 620 Ingenieurwissenschaften und Maschinenbau
Licence (German):Standard gemäß KLUEDO-Leitlinien vor dem 27.05.2011