Experimentelle Charakterisierung und rechnerische Vorhersage der mechanischen Eigenschaftten strukturell vernähter Multiaxialgelege-Laminate
- Durch das Vernähen trockener Faservorformlinge vor der Harzinjektion werden vielfältige
Möglichkeiten eröffnet, um Faser-Kunststoff-Verbund-Strukturen gewichtsoptimiert
und gleichzeitig kostengünstig herzustellen. Durch die im Vergleich zur
Prepreg-Technik innovativere Prozesskette sind auch komplexe Geometrien, wie sie
beispielsweise in Lasteinleitungsbereichen vorliegen, automatisiert fertigbar. Die Einbringung
von strukturellen Vernähungen in Laminatdickenrichtung kann insbesondere
in Strukturbereichen mit dreidimensionalen Spannungszuständen die Delaminationsgefahr
durch eine Steigerung der interlaminaren Eigenschaften abmindern
und die Schadenstoleranz steigern. Allerdings erfordert eine vermehrte Anwendung
der Nähtechnik in der industriellen Praxis auch die Bereitstellung dreidimensionaler
mechanischer Werkstoffkennwerte, die im Konstruktions- und Auslegungsprozess
benötigt werden.
Im Rahmen dieser Arbeit wurden kohlenstofffaserverstärkte Multiaxialgelege-Laminate,
die im Flugzeugbau angewandt werden, strukturell vernäht und die durch den
Nähprozess entstehenden Reinharzgebiete sowie die Veränderung des relativen Faservolumengehaltes
erfasst. Bei der Bestimmung von intralaminaren Zug- und
Druckkennwerten wurden die Auswirkungen der Vernähung auch auf die Kerbdruckeigenschaften
untersucht. Zur Bestimmung von Elastizitäts- und Festigkeitskenngrößen
bei einer Zugbelastung senkrecht zur Laminatebene wurde ein Versuchskonzept
erarbeitet und die Potentiale der eingebrachten strukturellen Vernähung
ermittelt. Darüber hinaus wurden die Auswirkungen der strukturellen Vernähung auf
die interlaminaren Schubfestigkeiten charakterisiert. Auch der Einfluss des Nähprozesses
auf die mechanischen Eigenschaften der verwendeten E-Glas-Garne
wurde experimentell erfasst.
Die Versuchsergebnisse zeigten Reduktionen der intralaminaren Kennwerte um bis
zu 12 %, bei den Kerbdruckversuchen wurden teilweise Steigerungen des Kerbfaktors
festgestellt, die bis zu 9 % betrugen. Der Zug-Elastizitätsmodul senkrecht zur
Laminatebene wurde generell gesteigert, im Maximum um 8 %. Für die Zugfestigkeit
wurden leichte Steigerungen um 4 %, aber auch Abnahmen um bis zu 12 % beobachtet.
Bei der interlaminaren Schubfestigkeit waren durchgehend Steigerungen
festzustellen, die maximal 11 % betrugen. Der Elastizitätsmodul und die Festigkeit
des Nähgarns wurden infolge des Nähprozess um bis 22 % bzw. 42 % verringert.
Der praxisgerechte Einsatz der strukturellen Nähtechnik erfordert neben fundierten
Werkstoffkennwerten auch Simulationswerkzeuge, die die Auswirkungen der 3DVerstärkung
abschätzen können. Somit könnte durch eine Vorauswahl geeigneter
Nähmuster der Aufwand für eine kosten- und zeitintensive Materialcharakterisierung
reduziert werden. Hierzu wurde auf ein parametrisch gesteuertes Finite-Elemente-
Einheitszellenmodell zur Vorhersage von intralaminaren Elastizitäts- und –Festigkeitskenngrößen
zurückgegriffen und dieses um die Vorhersage von Elastizitäts- und
Zugfestigkeitskenngrößen senkrecht zur Laminatebene erweitert. Im Rahmen der
Modellvalidierung und -kalibrierung wurden intensive Untersuchungen hinsichtlich
geeigneter Randbedingungen und mikromechanischer Ansätze zur Beschreibung der
unidirektionalen Einzelschicht des Laminats durchgeführt. Die mit dem weiterentwickelten
Einheitszellenmodell abgeschätzten mechanischen Kennwerte zeigten gute
Übereinstimmungen mit experimentellen Ergebnissen.
- By stitching of dry semi-finished fiber products prior to the infiltration process manifold
possibilities for the production of weight-optimized and cost-effective fiber
reinforced plastic structures are offered. Due to the more innovative process chain
compared to the prepreg technology, the possibility of automated manufacturing of
complex geometries necessary in load introduction areas is given. The insertion of
structural stitchings perpendicular to the laminate plane in areas subjected to threedimensional
stress states can reduce the risk of delaminations due to the enhancement
of the interlaminar properties and increase the damage tolerance. However, the
augmented application of structural stitching on the industrial scale requires the
availibility of three-dimensional mechanical material properties, as they are essential
during the design and analysis process.
Within this thesis, non-crimp fabric carbon fiber/epoxy laminates were structurally
stitched and resin pockets caused by stitching as well as the change of fiber volume
fraction were measured. Intralaminar tension and compression properties as well as
the influence of stitching on the notched compression properties were determined.
For the determination of tensile stiffness and strength properties in laminate thickness
direction a test concept was developed. Furthermore, the effect of the threedimensional
reinforcement on the interlaminar shear strength was analyzed. As the
stitching process affects the stitching yarn properties, the stiffness and strength
values of the E-glass yarns were determined prior to and after the insertion into the
fabric.
The test results showed reductions of the intralaminar properties of the composite up
to 12 %. Regarding the notched compression properties, a notch factor increase up
to 9 % was observed. The tensile modulus in thickness direction was generally
improved, at most by 8 %. For the tensile strength slight improvements by 4 % as
well as significant reductions by 12 % were detected. The interlaminar strength was
enhanced by up to 11 %.
For the practical application of the structural stitching technology, simulation tools are
needed in addition to established material properties. Thus, a cost reduction within
the material characterization may be achieved. Therefore, an existing parametric
finite element based unit cell approach, which was able to predict intralaminar
stiffness and strength properties, was expanded. The enhanced model offers the
estimation of threedimensional stiffness and tensile strength properties perpendicular
to the laminate plane. Within the validation and calibration process of the model,
intensive studies concerning appropriate boundary conditions and micromechanical
models to describe properties of the unidirectional ply were carried out. The material
data estimated by the enhanced unit cell model showed good correlations with the
experimental results.