Charakterisierung und numerische Beschreibung des nichtlinearen Werkstoff- und Lebensdauerverhaltens eines kurzglasfaserverstärkten Polymerwerkstoffes unter Berücksichtigung der im μCT gemessenen lokalen Faserorientierung
- Zunehmend strengere Regulierungen der CO2-Emissionen von Neuwagen seitens
der europäischen Union erfordern den Einsatz von Leichtbaukonzepten, welche für
die Massenproduktion geeignet sind. Dies erfordert den Einsatz leistungsstarker und
zugleich kostengünstiger Werkstoffe. Für den breiten Einsatz im Transportbereich
werden daher vermehrt kurzglasfaserverstärkte Thermoplaste zur Substitution
klassischer Metallkomponenten eingesetzt. Die geringen Werkstoffkosten, die stetig
weiterentwickelten mechanischen Eigenschaften sowie die Möglichkeit zur
Funktionsintegration aufgrund der hohen Formgebungsfreiheit des Spritzgussprozesses
sind entscheidende Vorteile dieser Werkstoffgruppe. Der Spritzgussprozess
führt zu einer lokal stark variierenden Faserorientierung. Die Werkstoffeigenschaften
hängen dabei entscheidend von der Faserorientierung ab. Besitzt der
Werkstoff parallel zur Faserrichtung seine höchste Steifig- und Festigkeit, sind diese
quer zur Faserorientierung am niedrigsten. Zusätzlich besitzt die thermoplastische
Matrix ein ausgeprägt nichtlineares Werkstoffverhalten, wodurch die strukturmechanische
Berechnung kurzfaserverstärkter Bauteile deutlich erschwert wird. Eine
geeignete Methodik zur Charakterisierung und numerischen Abbildung des
nichtlinearen anisotropen Werkstoffverhaltens mit anschließender Lebensdaueranalyse
ist zurzeit nicht vorhanden und bildet das Ziel dieser Arbeit.
Der untersuchte Werkstoff findet häufig Einsatz in strukturellen Komponenten im
Fahrwerks- und Motorbereich. In diesen Einsatzgebieten ist er zusätzlich zu den
mechanischen Lasten auch Umwelteinflüssen, wie beispielsweise Feuchtigkeit oder
Steinschlägen, ausgesetzt. Im Rahmen der durchgeführten experimentellen Arbeiten
wird der Einfluss dieser zusätzlichen einsatzbedingten Lasten auf die statischen
Eigenschaften und das Lebensdauerverhalten untersucht. Ist ein Fahrwerksbauteil
ganzjährig Wasser und Feuchtigkeit ausgesetzt, kann es in Winterzeiten auch zu
Kontakt mit Tausalzlösungen kommen. In Auslagerungsversuchen über einen
Zeitraum von etwa einem Jahr wird der Werkstoff folgenden Medien ausgesetzt:
Wasser, wässrigem Natriumchlorid und wässrigem Calciumchlorid. Zu verschiedenen
Expositionszeiten werden Proben entnommen und statischen Zugversuchen
unterzogen. Die Auslagerung bewirkt eine deutliche Verschlechterung der Werkstoffeigenschaften,
welche jedoch durch eine Rücktrocknung im Vakuumofen wieder
vollständig hergestellt werden kann.
Mithilfe eines speziell entwickelten Prüfstandes wird der Einfluss von Wasser und Calciumchlorid auf das zyklische Werkstoffverhalten untersucht. Dieser Prüfstand
erlaubt das Besprühen der Proben während eines Dauerschwingversuches. Eine
Reduktion der Lebensdauer aufgrund einer Exposition mit Calciumchlorid kann nicht
nachgewiesen werden. Zur Simulation von dauerhaften Mikro-Steinschlägen wird die
Oberflächenrauheit von Probekörpern künstlich mittels Sandstrahlen erhöht. Sowohl
in den statischen als auch zyklischen Versuchen unter Medieneinfluss kann nur eine
geringe Festigkeitsreduktion ermittelt werden. Dies ist auf die Duktilität des Werkstoffes
und der damit einhergehenden Unempfindlichkeit gegenüber Kerben
zurückzuführen.
Moderne Prozesssimulationen können die Faserverteilung in Bauteilen komplexer
Geometrie noch nicht realitätsnah abbilden, weshalb in dieser Arbeit die
experimentelle Orientierungsanalyse im Mikro-Computertomographen verwendet
wird. Neben Probekörpern wird auch eine komplette Fahrwerkskomponente im
Mikro-Computertomographen analysiert. Die Orientierungsinformationen finden zur
numerischen Beschreibung des Werkstoffverhaltens in der Finite-Elemente-Methode
Verwendung. Eine vollständige statische Werkstoffcharakterisierung dient als
Grundlage für die komplexe Werkstoffmodellierung. Zur Beschreibung des
Lebensdauerverhaltens werden umfangreiche Dauerschwing- und Restfestigkeitsversuche
für unterschiedliche Faserorientierungen und Spannungsverhältnisse
durchgeführt.
Selbstentwickelte Programmroutinen importieren den Faserorientierungstensor jedes
FE-Elementes und definieren in Abhängigkeit der Faserrichtung sowie der
Faseranteile in die jeweilige Richtung das Werkstoffmodell. Eine inkrementelle
Lebensdaueranalyse greift ebenfalls auf selbstentwickelte Routinen zurück und
berechnet die ertragbare Schwingspielzahl unter Berücksichtigung einer zyklischen
Steifigkeitsdegradation hochbelasteter Elemente und damit einhergehenden
Spannungsumlagerungen. Die Routine wird an den zyklisch geprüften Standard-
Probekörpern kalibriert und an der bereits erwähnten Fahrwerkskomponente
validiert. Für unterschiedliche Lastniveaus und Spannungsverhältnisse werden die
Versuchsergebnisse sehr gut durch die entwickelte Berechnungsmethodik
abgebildet. Sowohl die ertragbare Schwingspielzahl als auch das Schadensbild der
Simulation stimmen mit den Versuchen überein.
- Continuing regulations of the carbon dioxide emission for new cars on the part of the
European Union require the use of high performance and economic materials which
are suitable for mass production. For the use in the transport sector and the
substitution of metallic components the application of short-glass-fiber reinforced
thermoplastics is constantly increasing. The crucial benefits of these materials are
the low costs, the steadily advancing material properties and the outstanding
possibility of functional integration due to the design flexibility that comes with the
injection molding process. The material properties depend on the fiber orientation,
which can vary locally in a wide range due to the injection molding process.
Additionally, the thermoplastic matrix material shows a distinct nonlinear material
behavior which complicates the computation of short-fiber-reinforced thermoplastics.
A suitable process chain for the material characterization and the numerical
computation of the nonlinear anisotropic material behavior with a subsequent
analysis of the fatigue life is currently missing and is the goal of this research work.
The investigated material is often used for structural components in the
undercarriage or engine compartment of vehicles. Additional to the mechanical loads
environmental influences act on the material, e.g. moisture or stone chips. The
influence of these operational loads on the static material properties and the fatigue
behavior is experimentally investigated. In the case of a chassis component that is
exposed to water and moisture all year round, it can also come to a contact with deicing
salt solutions during winter. Therefore, exposure tests for about one year in
water, aqueous sodium-chloride, and calcium-chloride are performed. At different
exposure times static tensile tests are performed. The exposure leads to a significant
degradation of the material properties, which can be fully recovered by a re-drying
period in the vacuum furnace.
The influence of water and calcium-chloride on the fatigue behavior is investigated
using an especially developed test rig. This test rig permits the spraying of the
specimens with the afore-mentioned fluids and solutions during mechanical loading.
Stress corrosion cracking effects can be determined by this test method. A fatigue life
reduction due to the mechanical loading in calcium-chloride is not detected. To
simulate the abrasive effect of small stone chips, the surfaces of the specimens are
treated by sandblasting, which causes an increased surface roughness. Both in static
and cyclic experiments under media influence only a slight strength reduction is observed. The low degradation can be traced to the high ductility of the material,
which makes it insensitive to notches.
Modern injection molding software cannot sufficiently calculate the fiber distribution
and orientation in complex components. Therefore, the fiber orientation analyses
realized in this work are experimentally using a micro computer tomography scanner.
Besides standard test specimens an entire vehicle suspension component is
scanned and the orientation data is used for the numerical simulation of the material
behavior using the finite element method. A complete static material characterization
is the basis for this complex material modeling. Extensive cyclic fatigue and residual
strength tests for different fiber orientations and stress ratios are performed in order
to identify the fatigue behavior of the material.
Self-developed program routines import the fiber orientation tensor for each FEelement
and define the material model depending on the main fiber directions and
the amount of fibers in these directions. An incremental lifetime analysis, using selfdeveloped
program routines as well, calculates the number of cycles to failure
respecting the stiffness degradation of highly stressed elements and the
accompanying stress redistributions. The analysis process is calibrated for fatigue
tested standard specimens and validated for the afore-mentioned suspension
component. For different load levels and stress ratios the approximations of the
developed calculation method correspond very well with the experimental results.
Both the number of cycles to failure and the damage pattern of the simulation are in
accordance to the experiments.