Prozessanalyse und -simulation von Verarbeitungsverfahren für faserverstärkte thermoplastische Bändchenhalbzeuge
- Die Luftfahrtindustrie und die meeresgestützte ölfördernde Industrie, die so genannte
Off-Shore Industrie, streben die Einführung bzw. Weiterverbreitung von faserverstärkten
Kunststoffen mit thermoplastischer Matrix an. Sowohl Leistungsverbesserung
aber auch Kosten- und Gewichtsreduktion sind die Treiber für diese Entwicklung.
Der sehr hohe Anspruch an die Qualität der Bauteile bedingt die Verfügbarkeit
geeigneter Herstellungsverfahren. Beispiele hierfür sind das Tapelege- und das Wickelverfahren.
Beide Prozesse sind allerdings bis heute nur in den Varianten für die
Verarbeitung duroplastischer Matrizes industriell umgesetzt und etabliert. Die Bauteilherstellung
geschieht bei Anwendung von Duroplasten für Hochtemperatur- oder
Primärstrukturanwendungen durch eine, dem formgebenden Prozess nachgeschaltete
Aushärtung im Ofen oder Autoklav. Thermoplaste bieten jedoch die Möglichkeit
zur Einsparung dieses Prozessschrittes durch die in-situ Konsolidierung, d.h. endkonturnahes,
formgebendes Ablegen und Verschweißen in einem Schritt. Die Komplexität
der Thermoplastprozesse ist jedoch durch die simultane Durchführung zweier
Aufgaben erhöht. Deshalb besteht ein großer Bedarf, die theoretischen Hintergründe,
das physikalische, thermodynamische und chemische Prozessverständnis stetig
grundlegend zu erarbeiten bzw. zu verbessern. Die rein experimentelle Prozessentwicklung
an Anlagen industriellen Maßstabs ist aus Kostengründen und dem Problem
der mangelhaften Auflösung einzelner Prozessphänomene dafür ungeeignet.
Daher wird seit vielen Jahren am Verständnis, der Abstraktion und der Simulation
dieser Prozesse gearbeitet. Die dabei entstandenen theoretischen Modellierungen
können allerdings nur selten einen Bezug zum realen Prozess nachweisen.Die vorliegende Arbeit schließt deshalb die Lücke zwischen Simulation und experimenteller
Prozessentwicklung. Auf Basis einer vielfach verwendeten mathematischen
Beschreibung der thermodynamischen Verhältnisse im Prozess, einer Energiebilanzgleichung,
die erstmals in diesem Zusammenhang um die Möglichkeit zur
Berechnung von Strahlungsrandbedingungen erweitert wird, beschreibt die Arbeit die
Entwicklung eines Prozesssimulationssystems. Das dazu neu entwickelte Finite-
Elemente-Methode Programm ProSimFRT, das auf der nicht-linearen Diskretisierung
der Energiebilanzgleichung basiert, bildet der Kern eines modularen Prozesssimulationspaketes, welches die ganzheitliche parametrische Berechnung der Temperatur
während des gesamten Prozesses und für alle Prozessteilnehmer erlaubt. Thermodynamische
Teilaspekte der Verfahren und somit auf rein theoretischem Weg unzugängliche
Prozessparameter, wie z.B. konvektive Randbedingungen oder durch eine
Wasserstoff-Sauerstoffflamme erzeugte Wärmeströme können mit ProSimFRT semiempirisch
ermittelt werden. Die hierfür angewandte Methodik der Simulationskalibrierung
bedarf jedoch einer experimentellen Verifikationsmöglichkeit. Daher wird eine
neu entwickelte Experimentalplattform vorgestellt. Ein spezieller Thermodynamikprüfstand
erlaubt die Ermittlung der Prozessparameter und eine flexible Möglichkeit
zum Nachweis der Funktionsfähigkeit der Simulation. Die Integration dieser Parameter
zu einem ganzheitlichen Prozessmodell am Beispiel des Thermoplasttapelegens
mit kohlenstofffaserverstärktem Polyetheretherketon und die ableitbaren Hinweise für
die Prozessentwicklung bilden abschließend die Grundlage für die zukünftige Integration
der Simulation in die Gesamtprozesskette.
The aerospace industry and the off-shore oil industry are facing the introduction and
evolution of fiber reinforced thermoplastics. Performance enhancements as well as
cost and weight savings are the drivers behind this development. The high level of
requirements concerning the quality of components leads to a need for applicable
manufacturing technologies. Filament winding and tape placement are examples for
such processes. Both have been successfully industrialized for thermoset materials.
Thermoset components for high temperature or primary structure applications are
typically manufactured in a multi-step approach. After a geometry determining step
consolidation and curing are introduced as further processing steps towards the final
component, often using ovens or autoclaves. Being weldable, thermoplastics give the
possibility to integrate this multi-step thermoset processes. Hence the complexity of
thermoplastic processing is increased, but the potential of saving manufacturing time
is obvious. This leads to the need of theoretic background know how about the
physical, thermodynamical and chemical phenomena behind the thermoplastic
manufacturing technologies. Due to that, since many years worldwide efforts are carried
out concerning the understanding, abstraction and simulation of this processes.
But, the developed models hardly have a direct relation to real processes.
The present work overcomes the gap between simulation and experimental process
development. Based on a widely used mathematical description of the thermodynamics
within the processes, an energy balance equation, which is enhanced with radiative
boundary conditions for the first time in this context, the present work describes
the development of a process simulation tool. The newly developed finite-element
program ProSimFRT, which is based on a non-linear discretization of the energy balance
equation, serves as kernel of a modular process simulation environment. This
package allows the parametric calculation of the temperature fields throughout the whole process and for all process participants. Thermodynamic aspects, hardly
available by analytical theory as convective boundary conditions or heat fluxes generated
by oxygen-hydrogen flames can be determined semi-empirically with
ProSimFRT. The method used for that needs a possibility for experimental investigations.
Hence, a thermodynamic test rig is introduced.This test rig allows the determination of process parameters and delivers a flexible
possibility for the validation and verification of the simulation. The integration of this
parameters into an overall process model for the thermoplastic tape placement process
using carbon fiber reinforced polyetheretherketone and derivable hints for the
process development conclude the present work. They are a baseline for the future
integration of the simulation into the manufacturing process.